
Log: Alaska_Seadeleare / 24.11.2955 SET / Onyx-ASD Infiltration / Project Hyperion / Teil 2
Unser Weg führte uns zu einem Felseingang, der in einer Art Fahrstuhltür mündete. Mit diesem Fahrstuhl erreichten wir eine kleine Kontrollzentrale. Pike fixierte einen fürchterlich altmodisch anmutenden Röhrenmonitor. „Was ist denn das für eine Vorkriegstechnik, die hier installiert ist?“ fragte er ungläubig.
„Genau das habe ich mich auch gefragt“, erwiderte ich. Der Raum war überreichlich mit Technik gefüllt, doch fühlte es sich an, als wären wir in einem Museum. Bildschirme, Konsolen, Schalter – alles erweckte den Eindruck, als stammte es aus der Frühzeit der Raumfahrt. So stellte ich mir die Kontrollzentrale der "Artemis" vor, nur dass der Zustand auf diesem legendären Raumschiff wohl besser gewesen sein musste. Denn hier war alles vollkommen verwüstet. Von oben hingen Deckenplatten herab, darunter quollen Kabel hervor. Aufgerissene Bodenplatten lagen am Boden. Darunter verlaufende Leitungen waren teilweise durchtrennt oder verschmort. Wie in der gesamten Station, musste auch hier ein wütender Kampf ausgefochten worden sein.
Doch das Erstaunlichste war, dass eine Seite dieses Kontrollraums erneut aus einer großen Glaswand bestand. Eine Glaswand, die den Blick in eine tiefe, natürliche Felsenhöhle ermöglichte, ohne großartige technische Bauten. Dort gab es drei Becken – drei kreisrunde Becken, die gleichmäßig in einem Dreieck angeordnet waren und fast neunzig Prozent des gesamten Hallenbodens ausmachten.
Ich schaute Brubacker rätselnd an. „Jetzt verstehe ich gar nichts mehr! Diese Halle scheint mit den restlichen technischen Anlagen hier überhaupt nichts zu tun zu haben. Oder was meinst du?“
Kopfschüttelnd antwortete der Journalist: „Keine Ahnung, Alaska. Ich weiß auch nicht weiter. Ich kann mir keinen Reim auf diese drei Becken da machen.“
Zero fingerte an einer der zerstörten Konsolen herum, begutachtete einige Stecker, hielt Drähte aneinander und murmelte irgendwelches mir unbekannte Elektronik-Fachchinesisch. Plötzlich verdunkelte sich die ohnehin schon beschädigte Beleuchtung im Raum, und ein ohrenbetäubendes Brüllen schallte aus der Höhle heraus, nur gedämpft durch die Glaswand, für die ich in diesem Augenblick wirklich, wirklich sehr dankbar war.
Aus dem hintersten Becken schoss eine riesige Schlange empor, so groß wie der Wurm, den wir im Lazaruskomplex geweckt hatten! Diese Schlange – oder besser: dieser Wurm – riss ein dreigliedriges Maul weit auf und stieß einen ohrenbetäubenden Lärm aus. Wir alle wichen von der Glaswand zurück, zunächst erschrocken, um uns dann aber, von der Neugier getrieben, sofort wieder zu nähern.
Kjeld, Askari und noch jemand vom Tyr-Trupp fehlten in dieser kleinen Kontrollzentrale. Plötzlich waren die Drei unten in der Höhle zu erkennen! Offenbar hatten sie noch einen Fahrstuhl gefunden, der hinunterführte. Mit gezogenen Waffen näherten sie sich dem Monster und nahmen es sofort unter Feuer. Unendlich lange Garben von Geschossen drangen in die schuppige Haut des Tieres ein. Das Ungeheuer jedoch reagierte nur mit noch mehr Wut und Gebrüll. Zu allem Unglück fing dieses Wesen auch noch an, elektrische Felder aufzubauen. Ich konnte es mir nicht anders erklären, denn optisch sah es so aus, als würde dieser Wurm Blitze aus seinem Maul schleudern. Dies schien ein Signal für die beiden anderen Ungeheuer zu sein, die noch in ihren Becken schlummerten. Auch sie schossen heraus und fielen in den Chor aus Gebrüll ein.
Kjeld und seine beiden Getreuen versuchten, sich auf die andere Seite der Halle vorzuarbeiten, wo ein Felsgang zu erkennen war. Es war ihnen inzwischen völlig klar geworden: Sie konnten mit ihren Waffen gegen diese Monster nichts ausrichten. Rückzug war nicht mehr möglich, also mussten sie mitten hindurch. Das Gebrüll und das Knistern der elektrischen Entladungen, die diese Viecher ausschickten, waren ohrenbetäubend. Hätte es die Glaswand nicht gegeben und hätten wir keine Helme getragen, wären wir sicherlich an einer Ozonvergiftung gestorben.
Kjeld, Askari und der dritte Mann vom Tyr-Trupp konnten sich nur mit Mühe und unter Inkaufnahme von Verletzungen durch die Halle hindurchkämpfen. Permanent schossen sie auf die brüllenden, um sich schlagenden und Blitze speienden Monster. Schließlich erreichten sie den rettenden Gang.
Nachdem die Drei sich in Sicherheit gebracht hatten, beruhigte sich die Szene. Einer nach dem Anderen verschwanden die furchterregenden Schlangen wieder in ihren Becken.
„Was um Himmels willen ist das denn jetzt gewesen?“ Ich schaute Pike fassungslos an.
Er antwortete nur lakonisch: „Da hat Mr. Jorrit wohl etwas zu tief gegraben!“
„Es fühlt sich nicht so an, als hätte das noch etwas mit Jorrits Experimenten zu tun“, sagte ich stirnrunzelnd. „Sollen das etwa noch unerforschte Bewohner des Mondes Lyria gewesen sein, die Jorrit mit seinen Grabungen geweckt hat?“
Ich war mir sicher, dass Pike grinste, als er antwortete: „Nein, mein Lieber! Das hier ist keine Fantasy-Geschichte! Das ist echt!“
Wir wollten umkehren, um Kjeld und Askari zu folgen. Doch ein Panzertor versperrte unseren Weg. Es musste sich kurz nachdem Kjeld, Askari und der dritte Mann vom Tyr-Trupp diese Halle betreten hatten, hinter ihnen geschlossen haben. Nirgendwo war ein Schalter zu finden, mit dem man dieses Panzertor hätte öffnen können.
„Tja“, sagte Brubacker lakonisch. „Dann wollen wir mal hoffen, dass die drei mit diesem Gang am Ende der Halle einen Ausweg gefunden haben. Wir kommen hier nämlich jetzt nicht mehr weiter!“
Das Panzertor war unglaublich massiv und bestätigte somit Brubackers Aussage.
Getrennt von den Dreien traten wir nun unseren Rückweg an. Selbstverständlich wurden wir erneut in kleinere Scharmützel verwickelt. Dennoch erreichten wir nach einiger Zeit wieder unseren Hangar und betraten die "White Rabbit". Die Leute vom Tyr-Trupp enterten ihre Apollo, die sie im Nachbarhangar geparkt hatten.
Im Schiff rissen wir uns die Helme von den Anzügen, holten tief Luft und ließen uns einfach fallen, jeweils an dem Punkt, wo wir gerade standen. Einzig Zero ging zielstrebig ins Cockpit, warf die Systeme der "White Rabbit" an, zündete die Triebwerke, hob ab und setzte Kurs auf den Orbit um Lyria. Wir alle saßen im Schiff verteilt – auf Sesseln, Kisten, Betten; ja, einfach auf dem Boden – und hatten alle eines gemeinsam: Die Ahnung, dem Tode mal wieder nur knapp entronnen zu sein, und ein Glücksgefühl in dem Wissen, nie wieder dort hinunter zu müssen.
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Baijini Point / 03:00 - 25.11.2955 SET /
Observation-Security-Unit
"Kannst du mir mal verraten, was das für ein Typ ist?" "Hab ich auch schon gesehen, der läuft die ganze Zeit schon im Food Bereich herum - seltsamer Kerl, trägt ´nen ASD Overall..."
"Jetzt ist er weiter gegangen... Der sucht scheinbar nie Kontakt zu anderen. Bleibt immer alleine... Schalte doch mal auf die Locker-Room-Kamera..."
"Seltsamer Vogel! Der ist barfuss! Meine Fresse, was die neuerdings hier alles auf die Station lassen... Ob der ´nen Problem hat? Soll ich ´nen Med Team schicken?" "Was weiss ich? Ich rufe die jetzt nicht wegen so einem Spinner aus dem Bett." "Ich zoome mal ran."
"Der sitzt schon seit einer Stunde da unbeweglich rum und schaut die Locker an." "Ach, lass mich in Ruhe mit dem Spinner! Der ist doch harmlos..."