
┌ Persönliches Logbuch – Eintrag 11
├ Datum: 5. Juni 2952
└ Ort: Avenger Titan, Nähe Rappel-Außenposten, Hurston
Der erste Flugtest liegt ein paar Tage zurück, und die Titan zeigt inzwischen deutlicher, was der kurze Einsatz ihr abverlangt hat. Einige Probleme waren direkt erkennbar, andere erst jetzt, nachdem die Systeme wieder im Ruhemodus liefen.
Beim Durchgehen der Energielogik fiel mir als Erstes eine Unregelmäßigkeit in Segment G-4 auf. Die Spannung bricht unter Last kurzzeitig ein, nicht gravierend, aber genug, um bei längerem Betrieb Fehler zu provozieren. Das erklärt zumindest teilweise die Reaktion der Anzeigen beim Startversuch. Ich habe die Leitungen freigelegt: Eine der Kontaktplatten war verrutscht, vermutlich durch die Vibrationen beim Abheben. Die Fixierung war alt und porös. Ich ersetze sie durch eine provisorische Halterung aus Ersatzmaterial, bis ich eine stabile Platte auftreiben kann.
Das linke Manövertriebwerk zeigt ebenfalls Abweichungen. Die Diagnose registriert einen ungleichmäßigen Impulstakt. Kein Defekt, eher eine Fehlkalibrierung. Ich habe das Modul geöffnet: Die innere Isolierung war teilweise angeschmort, nicht schlimm, aber unzuverlässig. Ich habe die beschädigte Stelle ausgeschnitten und eine Ersatzlage eingesetzt. Morgen teste ich, ob die Justierung stabil bleibt.
Die Sensoren lieferten während des Fluges mehrere Aussetzer. Ich habe erst angenommen, es läge am Schiff selbst, aber ein Abgleich der Rohdaten zeigt, dass die Störungen hauptsächlich durch das elektromagnetische Feld der Derelict Site verursacht wurden. Die Titan hat damit grundsätzlich gekämpft, aber nicht schlechter als jedes andere Schiff mit veralteter Technik. Das ist zumindest eine Bestätigung, dass die Systeme grundsätzlich korrekt arbeiten.
In den Sensordaten ist ein Fragment hängen geblieben: ein kurzer Impuls, der nicht von meinem Schiff stammt. Keine Kennung, kein Muster, nur ein abgeschnittenes Signal wie von einem alten Transponder. Zu unvollständig, um es sinnvoll auszuwerten. Ich habe es archiviert, aber es gibt dafür im Moment keinen praktischen Nutzen. Ein Hinweis auf irgendetwas ist es wahrscheinlich nicht, eher ein technisches Nebenprodukt der Umgebung.
Ich habe kurz darüber nachgedacht, Eda ein Update zu schicken. Technisch wäre es machbar, aber nur mit deutlicher Paketverlustrate. Der Aufwand steht momentan in keinem Verhältnis. Sie würde vermutlich mehr Fragen stellen, als ich Antworten habe. Sobald ich verlässliche Ergebnisse und reproduzierbare Messwerte habe, ergibt ein Statusbericht mehr Sinn.
Für die nächsten Schritte habe ich eine klare Reihenfolge:
- Belastungstest der Manöverdüsen im Standmodus
- erneute Prüfung der Energieverteilung, insbesondere Segment G-4
- Kalibrierung der Sensorik außerhalb der EM-Störzone
- Sichtprüfung der Dichtung im Sekundärkühlkreislauf
Erst wenn diese Punkte stabil sind, kann ich über einen weiteren Flug nachdenken. Auch über mögliche Ziele, wobei Lorville weiterhin nicht auf der Liste steht. Nicht aus Prinzip, rein praktisch fehlt mir dort aktuell jede Grundlage, um etwas zu erreichen.
Die Titan ist ein altes Schiff, und sie reagiert wie eines: langsam, manchmal widerspenstig, aber berechenbar, wenn man sie sorgfältig behandelt. Und obwohl sie an allen Ecken Arbeit verlangt, wird es innen überraschend wohnlich.
Die provisorische Kaffeemaschine, die ich aus Bordmitteln zusammengebaut habe, liefert inzwischen etwas das man als richtig guten Kaffee bezeichnen kann. Zugegeben...der letzte gekaufte Kaffee liegt Monate zurück. Aber das Erhitzen mit dem Salvage-Tool gibt dem Gesöff eine recht interessante Geschmacksnote, wer hätte das gedacht. Für den Moment reicht das, Hauptsache Koffein.
| Ende Eintrag 11