
"Mist, ich muss mir angewöhnen, die Logs auch regelmäßig zu führen. Naja… viel Stress, wenig Zeit."
Vor ein paar Tagen war ich nach Feierabend noch ein wenig im Deadlight. Wollte mal etwas Dampf ablassen und mit Kjeld über ein paar Anliegen sprechen. Ich habe auch ein paar neue Gesichter gesehen: eine Dame namens Jenni, hellwach, humorvoll und eine andere namens Rimana. Schweigsam. Aus der werde ich nicht schlau.
Ich betäubte meine Kehle mit etwas Rust, bis mir das Leben für ein paar Momente leichter vorkam. Mein Sicherheitschef Nathan gesellte sich im Laufe des Abends ebenfalls dazu, aber an vieles erinnere ich mich nicht mehr so genau. Ich hatte einen schönen Platz neben einer hübschen Yormandi.
Irgendwann erinnere ich mich nur noch lückenhaft daran, wie das Deadlight am frühen Morgen geschlossen wurde und danach erst wieder an das Piepen meines MobyGlas: "Termin: Zwiebus muss nach Hause telefonieren."
Heißt: Heute stand eine Reise über mehrere Sektoren an.
Ich aß etwas Salziges, trank zwei Flaschen Wasser, um meinen Pegel irgendwie zu senken, und ging auf dem Weg zum Raumhafen noch in der Klinik vorbei, um mir eine Detox-Kur zu holen. In meinem Hangar angekommen, prüfte ich die Solstice auf Flugtauglichkeit. Alles in bestem Zustand. Selbst macht man’s eben am besten, sage ich mir immer. Und Defekte können wir uns auf der Reise nicht erlauben.
Ich zahlte die Hangargebühren und setzte den direktesten Kurs zum Pyro Gateway, um Zwiebus dort zu treffen und einzusammeln.
Auf der Gateway Station meldete ich meinen geplanten Flug und meine Rückkehr am Admin-Center an und hinterließ Kontaktdaten, für den Fall, dass etwas passiert.
Ich freute mich, Zwiebus wiederzusehen. Ein angenehmer, lockerer Gesell. Und wie ein Kind freute er sich auf Levski.
"Wie lang warst du denn jetzt nicht mehr da?", fragte ich.
Er antwortete: "Sechs Jahre. Sechs lange Jahre."
Wir flogen zusammen in der Solstice. Wenig Signatur und trotzdem ausreichende Reichweite.
Wir näherten uns dem ersten Sprungpunkt von Stanton nach Pyro. Für Zwiebus war das nichts Besonderes. Er erzählte mir viel von sich, seiner Vergangenheit, seinen Freunden und der Reisegruppe, mit der Hermie zuletzt unterwegs war, bevor er verstarb. Dann fragte er mich, wie hoch die Reichweite meines Schiffes sei, dass ich nicht einmal tanken müsse.
Ich antwortete: "Also vom Stanton Gateway bis nach Levski wird es wohl reichen. Danach müsste ich definitiv tanken. Aber ich tanke schon am Nyx Gateway, nur falls wir einen Ausweichkurs fliegen müssen."
Der Durchflug durch Pyro war entspannt. Keine solaren Masseauswürfe, keine Piraten, mit denen man sich herumschlagen muss. Also viel Zeit, sich auszutauschen, Interessen abzugleichen und Geschichten zu teilen. Wir waren definitiv auf einer Wellenlänge, auch wenn Zwiebus scheinbar bisher wenig Glück mit Bekanntschaften hatte. Er war mir gegenüber äußerst respektvoll, als würde ich ihn bei Fehlverhalten gleich von Bord werfen. Aber irgendwann pendelten wir uns in einer guten Mitte ein.
Am Nyx Gateway angekommen, flog ich ein Pad an, ließ die Solstice volltanken und wir setzten den Flug direkt zum nächsten Sprungereignis fort.
Kaum waren wir in Nyx, dauerte es keine zehn Sekunden, bis wir bereits im Sprung nach Levski waren. In diesem System geht man lieber kein Risiko ein. Die Vanduul teilen hier ordentlich aus.
Ich bot Zwiebus während des Sprungs an, dass er selbst das Steuer übernehmen kann, damit er mit eigenen Augen sieht, was sich in seiner Heimat in den letzten Jahren verändert hat.
Wir verließen den Sprung einige Kilometer entfernt von der Asteroidenbasis im Glaciem Belt und ab diesem Moment konnte Zwiebus nur noch stottern. Die kleine Asteroidenkolonie hatte in den letzten Jahren viel erreicht. Er bombardierte mich mit Fragen, was all das sei, und ich erklärte ihm, was es an Neuem gibt: eine große Raffinerie im Industriestil, zusätzliche Treibstoffraffinerien, neue Hangars und Landemöglichkeiten, eine renovierte Krankenstation, die nun als Hospital dient, erweiterte Wohnhabitats und vieles mehr.
Er war sprachlos und sichtlich stolz. Vor allem war er stolz darauf, wieder Teil davon zu werden.
Er landete uns sanft in seinem Hangar, den er wohl schon vorsorglich angemietet hatte.
Zwiebus bat mich anschließend, ihm alles ganz genau zu zeigen.
So begann unsere Reise durch die Eingeweide von Levski. Wir starteten auf dem oberen Deck, sahen uns die bescheidenen Anfänge der Station an und Zwiebus bemerkte sofort, dass das alte Admin-Center fehlte. Ich klärte ihn auf: "Nicht weg. Nur umgezogen. Wir gehen später dorthin."
Er war begeistert vom neuen Hospital und gleichzeitig etwas nostalgisch, als er tief unten im Schacht die Reste der alten kleinen Medstation erkannte, die mehr oder weniger einfach überbaut worden war.
Wir fuhren weiter hinab zu der großen Raffinerie und Zwiebus blieb erneut staunend stehen. Er wusste, dass sie gebaut wurde, aber diese Anlage, errichtet von Menschen, die nicht zur strukturierten UEE gehören, ließ sein Herz höher schlagen.
Als nächstes begaben wir uns auf die Hauptebene. Ein paar neue Gänge und einige zusammengefallene Tunnel brachten ihn etwas durcheinander. Aber in Levski verliert man ohnehin regelmäßig die Orientierung. Es gehört schon fast zur Tradition.
Alles in allem war die Heimkehr für Zwiebus ein reines Gefühlsbad.
Wir unterhielten uns darüber, ob Levski seinen ursprünglichen Charme inzwischen verloren hat, weil es so koordiniert wirkt, oder ob genau das den Frontier Spirit befeuert, weil einfache Leute sich so gut organisieren, dass aus dem kleinen, ruhigen Levski ein florierender Knotenpunkt geworden ist.
Zum Schluss zeigte ich Zwiebus noch den Außenbereich und wir betrachteten die Baustellen im EVA. Die schiere Größe der Anlagen verwandelte den sonst so gesprächigen Mann in einen stillen, staunenden Beobachter, der den Blick kaum abwenden konnte.
Eine ganze Weile schauten wir uns das an und beobachteten auch die Glücksritter, die mit Kriegswaffen paradoxerweise sowohl Konflikte deeskalieren als auch eine verlässliche Schutzmauer gegen die Vanduul bilden.
"Unser Sauerstoff neigt sich dem Ende entgegen. Wir sollten zurück", sagte ich.
Zwiebus fuhr erschrocken herum und wurde fast panisch: "Das schaffen wir doch niemals!"
"Entspann dich. Hier unten an den Pads gibt es Transportmittel. Die bringen uns schnell zurück zum Kern der Einrichtung", antwortete ich leicht belustigt.
Zurück im Kern der Kolonie unterhielten wir uns noch ein wenig und verabschiedeten uns dann voneinander. Ich hatte noch einen langen Rückflug vor mir. Und am nächsten Tag stand die Aaron Halo Conference an. Aber davon erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.